Du
bist der Frühling
Vegan?!
Ein Biss-chen extrem
Auf seinem
Blog schreibt Erik Marcus darüber, wie er durch seine Begründung
vermeidet, von Nicht-Veganern als Ökoheini oder
als selbstgefälliger Möchtegern-Heiliger
abgetan zu werden. Ich übersetze mal, wie er Menschen, die
ihn danach fragen, seine Motive für Veganismus erklärt:
Ich
vermeide Fleisch, Milchprodukt und Eier, weil diese Industrien
jedes Tier, mit dem sie in Kontakt kommem, brutal behandeln und
dann lügen, um die Misshandlungen zu decken. Darüber
hinaus versucht jeder Produzent ständig die Kosten zu minimieren,
weil Tierprodukte Massengüter sind. Das führt zu einer
Industrie, die sich in einem Wettrennen gegenseitig ethisch unterbietet,
da es darum geht, Milliarden von Tieren zu geringsten Kosten auf
geringst möglichem Raum zu züchten. (Erik Marcus)
Inhaltlich
stimme ich mit dieser Aussage vollkommen überein und finde,
dass sie die Problematik sehr gut auf den Punkt bringt. Ich finde
es wichtig, den Menschen den Wahnsinn vor Augen zu führen,
der da abläuft.
Mir fehlt dabei, das Gegenüber an seine eigene Verantwortung
und seine Beteiligung an dem Wahnsinn zu erinnern. Aber das ist
vermutlich der Punkt, an dem sich Menschen so schnell angegriffen
fühlen und dicht machen.
Nicht ganz so eloquent formuliere ich es oft so, wenn man mich
fragt: Ich bin mit der Art und den Konsequenzen davon, wie
wir mit Tieren umgehen und sie als Produkte nutzen, prinzipiell
nicht einverstanden. Und etwas, mit dem ich prinzipiell nicht
einverstanden bin, möchte ich nicht mehr wissentlich finanzieren
und damit weiterhin in Auftrag geben.
Aber das Leben
ist natürlich komplizierter als man es in so einen Satz packen
kann. Ich konsumiere Dinge, obwohl ich mit der Art wie sie entstanden
sind ganz sicher nicht einverstanden bin. Da muss ich gar nicht
erst das Drama von Kinderarbeit anführen oder die Arbeitsbedingungen
einiger Kleiderhersteller bemühen (kürzlich brachen
wieder hunderte Mitarbeiter in einer Fabrik zusammen, die H&M
zuliefert. Die Ursache ist noch nicht geklärt).
Was mache ich zum Beispiel, wenn ich unbedingt etwas bestellen
will, und der Verkäufer nur per Hermes liefert. Ist ja auch
so schön billig
Wenn ich über die Arbeitsbedingungen
der Fahrer lese, wird mir richtig schlecht vor Empörung.
Aber wirklich besser sind die Bedingungen für die Mitarbeiter
auch bei anderen Firmen nicht.
Auf meine
oben formulierte Erklärung kommt übrigens meist nur
die Replik, dass ich dann doch einfach Bio-Sachen essen soll.
Ja, das könnte ich. Ich kann es aber auch sein lassen. Ich
befürworte Bioprodukte mit höchsten Ansprüchen,
auch wenn mir persönlich auf meinem stufenweisen Weg in den
Veganismus einfach die Lust darauf vergangen ist, überhaupt
Tierprodukte zu konsumieren.
Dabei kommt mir oft das Bild von einem Menschen in den Kopf, der
am Boden liegt und auf den jeder mit glasigem Blick wie in Trance
eintritt. So behandeln wir Tiere und Menschen.
Wenn mir einer
Bio-Produkte vorschlägt, hört sich das für mich
so an: Ach, komm schon! Zieh doch einfach die Schuhe aus
und tritt nur ein bisschen hier vors Schienbein. Das merkt
der doch gar nicht mehr, wo die richtig Bösen da vorne ihm
alle voll in die Fresse treten.
Ich mag nicht mehr mitspielen. Der hatte schon mehr als genug.
Mich beschämt das. Und das Gros der Vorgaben für Biohaltung
von Nutztieren kommen mir vor wie ein Hohn und überzeugen
mich sowieso kein bisschen.
Manchmal wird
Veganern ja vorgeworfen, sie seien gefühlsduselig, würden
Tiere vermenschlichen und wären einfach zu zimperlich.
Da habe ich das Glück auf meine Erfahrung als
Bauernkind zurückgreifen zu können. Ich weiß ziemlich
genau, wovon ich bei diesen Themen rede.
Ich weiß, wie es aussieht, wenn aus einem Euter wegen Überlastung
nur noch Eiter und Blut kommt. Ich weiß, wie es aussieht,
wenn eine Kuh sich selbst auf eine ihrer Zitzen tritt und so verletzt,
dass die Zitze nur noch blutig an einem Hautfetzen baumelt, weil
das schwere, hochgezüchtete Euter fast auf dem Boden schleift.
Ich kann auch davon berichten, wie es so ist, wenn man eine Färse
mit einem teuren US-Bullen besamt, der extra leistungsstarke Kälber
mit höchster Milchleistung hervorbringen soll. Und wenn dann
das ungeborene Super-Kalb so riesig ist, dass es im Geburtskanal
des Muttertiers stecken bleibt und dort stirbt. Dann muss man
das tote Kalb in der Mutter zersägen und in Stücken
herausziehen, damit diese nicht auch noch eingeht.
Ich weiß auch, dass Kühe in Angst vor der ungewohnten
Situation je nach Tageslaune das Landwirtes und des Metzgers nicht
gerade auf den Hänger zum Schlachthof hochgestreichelt werden.
Da geht schon mal ein Knüppel auf dem Rücken der Kuh
zu Bruch.
Und das sind
Erfahrungen von einem Musterbetrieb, wo jede Kuh noch
einen Namen und nicht nur eine Nummer hat, und wo die Leute aus
dem Dorf zum Kälber streicheln und Milch holen kommen.
Man braucht nicht sonderlich gefühlsduselig zu sein, da mal
einen Schritt zurückzutreten, um sich zu fragen, ob das alles
denn wirklich so sein muss und ob man dazu beitragen will, dass
das immer so weiter geht.
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